Werbung
Aktueller Prospekt Rossmann - Prospekte - von 01.11 bis 30.11.2024
Werbung
Werbung
GESELLSCHAFT / Interview FASZINATION In Japan treffen Kultur und Moderne aufeinander: links der „Schrein der Tausend Tore“ in Kyōto, rechts die Stadt Tokio, in der 37,2 Millionen Menschen leben J.-P. S.: Auch Akiko fällt es nicht immer leicht, Kentos Verhalten zu verstehen. Sie ist verletzt, wenn er abrupt ein Gespräch abbricht, nicht zu einer Verabredung erscheint. Gleichzeitig kann sie aber vieles nachvollziehen. Sie lebt allein, fühlt sich in größeren Gruppen wohler als im Zweiergespräch, weil sie hier anonym ist, nicht zu viel von sich preisgeben muss. Und sie findet die richtigen Worte, oftmals erst, wenn die Situation, in der sie angebracht gewesen wären, schon verstrichen ist … Akikos stilles Glück – und doch finden sie einen Weg, miteinander zu kommunizieren, sodass sich Kento immer mehr öffnet. J.-P. S.: Kento hilft aber auch ihr, sich zu erinnern. Als Schülerin schrieb sie leidenschaftlich gern, doch war sie der Kritik ihrer Lehrer und einiger Mitschüler ausgesetzt und hat den Wert ihrer Texte als sehr gering eingeschätzt. Dieses Vertrauen in ihr Talent gewinnt sie durch ihn zurück. Und zugleich verbindet sie die Freude am geschriebenen Wort. Kento schickt ihr Haikus – kurze, japanische Gedichte, die immer aus drei Zeilen und siebzehn Silben bestehen. Und er teilt mit ihr seine Geschichte, seine Vergangenheit, lässt sie in „K.s Welt“, seine Welt. 38 Buchtipp „Akikos stilles Glück“ (384 S., 24 Euro) von Jan-Philipp Sendker ist im Blessing Verlag erschienen Die Hikikomori sind nicht das einzige Ungewöhnliche, Überraschende, was Ihre Leser erwartet. Der Roman beginnt mit der Beschreibung von Akikos Freundin Naoko, die kürzlich geheiratet hat, und zwar sich selbst! Entspringt dieses Phänomen Ihrer Fantasie? J.-P. S.: Ich habe solche Fotoalben von Solo-Weddings in Japan gesehen von Frauen, die sich selbst geheiratet haben. Frauen unterschiedlichen Alters habe ich gesehen – für die Anfang 20-Jährigen hatte das eine gewisse Leichtigkeit, für 30-Jährige hatte diese Hochzeit dann schon eine andere Bedeutung und hat ihre Sicht auf sich selbst verändert. Wie unerwartet! In einer Kultur, wo die Gesellschaft über allem steht, würde man keinen solchen Individualismus erwarten. Ist das ein Ausbrechen aus den Strukturen wie bei den Hikikomori? J.-P. S.: In gewisser Weise schon, aber deutlich weniger absolut. Es ist eine Möglichkeit sich seiner selbst bewusster zu werden. Schließlich sollten wir uns doch mit demjenigen beschäftigen, den wir heiraten. Mag ich mich? ist da eine zentrale Frage. In diesen Fotoalben sind die Frauen – denn es sind vor allem Frauen – wunderschön und selbstbewusst, stolz auf sich und ihre Entscheidung.